[update] Bezahlte Rezensionen

Jetzt: Krisen-PR oder die Füße stillhalten. Welche Strategie fahren wir?

Die Süddeutsche Zeitung bucht sich beim Werbedienstleister Trigami (Social Media Marketing) ein, um bezahlte Testberichte für ihre SZ Gold-Anwendung (1.59 €; App Store-Link) zu bekommen. Dies berichtet am heutigen Morgen das Upload-Magazin und verweist auf bereits durchgeführte Buchungen, was nun die große Ehrenrunde in der Twitterphäre antritt.

17 € soll es für ein Review gegeben haben, das als Bedingung eine positive App Store-Kritik verlangt und entsprechende Formulierungen für den Artikel bereits mitliefert. Jetzt folgt eine ganze Menge schlechter Presse…

Eigentlich schade, weil es komplett unnötig ist. Das 1.59 €-starke Monatsabo der ‚Gold-Anwendung‘ gestaltete sich gegenüber der kostenfreien ‚Silber-Version‘ (App Store-Link) sehr fair. Wer auf die Zusatzfunktionen wie Push-Benachrichtigungen und Offline-Nutzung verzichtet, und ein paar Banner verträgt, findet ein durchaus attraktives Zeitungsangebot. Aber eine solche Dummheit bekommt leider kein Nachsehen.

Wer Qualitätsjournalismus („App in die Zukunft!„) proklamiert, und dann Anzeigentexte in eine (zumindest) ‚undurchsichtige‘ Bezahl-Verpackung steckt, bekommt zurecht den Kopf gewaschen.

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An eine virale Marketingkampagne glaube ich übrigens nicht. Zur Erinnerung: Die SZ-Redaktion verkauft immer noch Kommentarzeiten für ‚Diskussionen mit Qualität‚…

Update

Trigami nimmt im eigenen Blog Stellung zur Kampagne der Süddeutschen Zeitung.

1. Wir als Trigami haben grossen Mist gebaut! Punkt.

Demnach war es nicht beabsichtigt, das Informationen [über die Vergabe von App Store-Kritiken] ins öffentliche Blogger-Briefing rutschten. Die Kampagne ist auf Kundenwunsch ab sofort gestoppt.

via trigami.com/blog

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Gekaufte Reviews bleiben jedoch ein Thema.

Jack McKenna schreibt über eine E-Mail-Korrespondenz zwischen TechCrunch-Redakteur Robin Wauters und dem vermeintlichen iPhone-Entwickler ‚Jon Atherton‘, der für seine Anwendung ‚Wobble iBoobs‘ einen Testbericht auf dem bekannten Technologie-Blog lancieren möchte.

$1.000 US-Dollar ist ihm dies wert („The Wobble iPhone App Guy Really Wants On TechCrunch, And Is Willing To Pay (Updated)„.

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Kurze Zeit später folgt die öffentliche Stellungnahme eines Kommentators, der sich als der ‚The Real Jon Atherton‘ (Glentwood pty ltd) ausgibt. Er behauptet die Anschuldigungen seien falsch, er habe keine E-Mail an die Redaktion verfasst. Im gleichen Atemzug beschwert er sich darüber, das Robin Wauters lediglich auf die empfangene E-Mail-Adresse des Absenders (wobbleapp@gmail.com) geantwortet hat und die Geschichte nicht anhand der anderen Kontaktdaten überprüfte.

Mittlerweile wurde der Artikel um den angesprochenen Kommentar ergänzt und findet sich auch in unveränderter Form im Firmenweblog des Entwicklers.

Ich habe am gestrigen Sonntag den TechCrunch-Autor kontaktiert und mir die komplette E-Mail-Konversation weiterleiten lassen. Warum? Auch das iPhoneBlog empfing Ende November 2009 eine E-Mail mit ähnlichem identischem Inhalt, jedoch von einer anderen Absender-Adresse (glentwood@gmail.com).

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Nach meiner Antwort auf das Schreiben, und dem Verweis auf eine klar gekennzeichnete Werbeschaltung, endete der Kontakt. Chris DeVore erhielt ebenfalls eine E-Mail. Genau wie iLounge oder The Portable Gamer.

Ein Spam-Verweis findet sich hier. Ein ‚Happy End‘ der Geschichte gibt es bislang leider nicht.