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Verlagshäuser, ihre iBooks und das iPad

Im Januar 2008, bei der Vorstellung des MacBook Air, sagte Steve Jobs gegenüber der ‚New York Times‘: „people don’t read anymore„.

Gut. Man könnte denken, das dieser Satzfetzen eventuell aus einem Zusammenhang gerissen wurde. Weit gefehlt. Weiter hieß es im damaligen Wortlaut: „Forty percent of the people in the U.S. read one book or less last year. The whole conception is flawed at the top because people don’t read anymore.

Exakt zwei Jahre später platziert Apple mit dem iPad ein Gerät, das mit seiner Funktion auch als mobile ‚Lesemaschine‘ vermarktet wird – den iBookstore zum virtuellen Einkauf gleich inklusive. Zumindest in den USA. Auf der deutschsprachigen Apple-Seite bleibt das iBooks-‚Leistungsmerkmal‚ noch verborgen. Auch die Foto-Galerie lässt einen Blick auf das hölzerne Bücherregal hierzulande noch vermissen.

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Ankündigungen über Verträge mit internationalen Verlagshäusern stehen offiziell bislang aus. Das dies zum Teil der großen Geheimhaltung über die iPad-Ankündigung geschuldet ist, dürfte als todsicher gelten. Mich würde es jedoch auch nicht verwundern, wenn einige (oder gar alle) deutschsprachigen Vertreter auf der anderen Seite, ihre digitalen Buchrücken nicht bis März gebunden bekommen. Den Amazon Kindle konnte man innerhalb der letzten zwei Jahre, über zwei Geräte-Generationen hinweg, auch nicht erfolgreich besteigen.

Vorsichtshalber versieht Apple das ‚Bücher‘-Feature für Amerika mit einer Fußnote: „iBooks is available only in the U.S.“

via Engadget

Als offizielle Erstlieferanten wurden in der Produktpräsentation die Penguin-Gruppe, HarperCollins, Simon & Schuster, Macmillan und die Hachette-Gruppe genannt.

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Als Randnotiz darf Erwähnung finden, das unser plauderfreundliche CEO von McGraw-Hill, welcher einen Tag vor dem Apple-Event die angebliche Tablet-Ankündigung vorwegnahm, bis jetzt in überhaupt keinen Vertragsverhandlungen mit Cupertino steht.

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As a company deeply involved in the digitization of education and business information, we were as interested as anyone in the launch of the new device, although we were never part of the launch event and never in a position to confirm details about the device ahead of time. Unfortunately, it seems that many mistakenly interpreted his comments as being more specific to yesterday’s announcement.

via digitaldaily.com

Doch damit enden die Eklats und kleinen Anekdoten über den neuen Content-Lieferanten im digitalen Geschäft nicht. Die Musikindustrie hat es bereits so erfolglos vorgemacht: Über die letzten Jahre mussten sich Verbraucher gegen das Kopierschutz-DRM, BMG-Rootkits und den Verkauf von ausschließlich ganzen Alben-Paketen wehren.

Am vergangenen Wochenende hat der US-amerikanische Großverlag Macmillan (siehe Namensnennung oben) seinen digitalen Einzelhändler Amazon erfolgreich unterdrückt. Macmillan stellte (Verkaufs-)Preisforderungen für E-Books in Höhe von bis zu $15 US-Dollar auf. Amazon verkauft digitale Werke ausschließlich bis $10 US-Dollar. Im blutigen Gefecht entfernte der Online-Versandhändler kurzfristig die digitalen Bücher aus seinem Sortiment, knickte dann jedoch gegenüber der US-Tochter der deutschen Holtzbrinck-Verlagsgruppe ein. Amazon verschweigt seinen Unmut darüber nicht:

Macmillan, one of the „big six“ publishers, has clearly communicated to us that, regardless of our viewpoint, they are committed to switching to an agency model and charging $12.99 to $14.99 for e-book versions of bestsellers and most hardcover releases. We have expressed our strong disagreement and the seriousness of our disagreement by temporarily ceasing the sale of all Macmillan titles. We want you to know that ultimately, however, we will have to capitulate and accept Macmillan’s terms because Macmillan has a monopoly over their own titles, and we will want to offer them to you even at prices we believe are needlessly high for e-books.

Ich sags euch hier und heute: Das wird noch alles super lustig!

Steve Jobs nimmt es gelassen und verspricht eine (zumindest) einheitliche Preisstruktur bei Büchern über alle Anbieter hinweg. So bestätigt er es zumindest dem Technik-Journalisten Walt Mossberg in einem kurzen Stelldichein nach der Keynote.

DirektMoss

Darin unterstreicht er auch noch einmal die 140 Stunden Akkulaufzeit, die bei einer reinen Musikwiedergabe (mit ausgeschaltetem Display), beziehungsweise 10 Stunden beim Lesen von Büchern, möglich sein sollen. Das Gerät scheint übrigens in runden 15 Sekunden aus einem Kaltstart zu erwachen, wie dieses YouTube-Video zeigt.

So schnell ist mein Sony Reader PRS 505 (287,30 €; Amazon-Link) bei weitem nicht am Start. Die elektronische Tinte, E-Ink genannt, wärmt wesentlich länger auf und verfolgt aufgrund ihrer Technologie einen ganz anderen Ansatz als das ‚interaktive‘ iPad mit LCD-Bildschirm und Hintergrundbeleuchtung. Aus diesem Grund vermag ich die Geräte eigentlich überhaupt nicht mit einander zu vergleichen, was über die letzten Tage verstärkt in Mode gekommen zu sein scheint. Das iPad ist ein Computer, das Andere ein Lesegerät. Sinnbildliche Vergleiche fallen schwer und dürfen gerne in den Kommentaren nachgetragen werden.

Als gemeinsames Merkmal setzen die digitalen Bücher auf beiden Geräten (mittlerweile) auf den gleichen Spezifikations-Standard namens ePub. Dieser lässt sich auch auf dem Barnes & Noble Nook, im App Store-Programm Stanza (kostenlos; App Store-Link) oder dem txtr Reader finden. Nicht jedoch auf dem Amazon Kindle.

EPub erfährt eine weite Verbreitung als offener Standard für E-Books und zeichnet sich durch eine dynamische Anpassung des Textes an die jeweilige Bildschirmgröße aus. Das Format eignet sich jedoch nur mäßig für die Darstellung von Comics oder technischer Literatur. EPub unterstützt optional Mechanismen für eine digitale Rechteverwaltung.

via TUAW