Das $41 Millionen Dollar Baby: ‘Color‘ startet neue Echtzeit-Fotogemeinschaft

Ein neuer Tag, eine neue Software, die durchs Netz getrieben wird. ‚Color‚ nennt sich die ‚Social-Network-Fotogemeinschaft‘ für iPhone (kostenlos; App Store-Link) und Android, die mit (Achtung!) 41 Millionen US-Dollar an Risikokapital in der letzten Nacht an den Start ging.

Die Wirtschaftskrise scheint bewältigt…

Color Demo

Doch starten wir ganz von vorne. Zuallererst stellt sich beim Stichwort ‚Bilder-Service‘ die Frage: „Brauchen wir neben Instagram, PicPlz oder Path wirklich noch einen weiteren Schnappschuss-Klub?“ Die Antwort lautet eindeutig ‚Jein‘. Color verabschiedet sich entgegen seiner Konkurrenten von dem Twitter- oder Facebook-Freundschafts-Prinzip. Man folgt nicht Fotos von bestimmten Leuten sondern einer Lichtbild-Umgebung. Jedes Foto ist öffentlich und verteilt sich in einem Radius von zirka 30 Metern. Auf Konzerten, Festivals oder Partys Feierlichkeiten schlagen so, bei ausreichender Nutzerzahl, Wellen von gerade aufgezeichneten Bildern im Software-Fotorahmen auf.

Um die Übersicht zu behalten, lassen sich (Freundes-)Gruppen bilden. Diese können auch von anderen Teilnehmern eingesehen werden. Der ’soziale‘ Kniff besteht darin, dass Kontakte, die sich häufiger in der eigenen Nähe aufhalten, im elastischen Netzwerk stärker bewertet werden. So baut sich selbstständig eine Art Kontakt-Favoritenliste auf.

Auch wenn das Projekt derzeit clever und überfinanziert wirkt, kämpft es mit zwei gravierenden Problemen. Damit das Ganze auch nur halbwegs Sinn macht, muss man sich unter eine große ‚Color‚-Nutzerschaft begeben. Der erste Gebrauch – während dieser Anfangsphase – ist daher mehr als enttäuschend. Wer keine verrückten ‚Early Adopter‘ um sich versammelt, bleibt vorerst ohne Bilder. Robert Scobles Beschwerde-Monolog ist daher extrem zugreffend.

Außerdem, und dieses Argument packe ich wirklich sehr ungern aus, stellt sich die Frage nach dem Mehrwert. Ohne den direkten Aufbau von Freundeslisten, beschränkt sich die Anwendung auf sehr spezifische Veranstaltungen, an denen ich in der Regel selbst teilnehme. Jason Kincaid zieht für TechCrunch ein schönes Restaurant-Beispiel aus der Westentasche, in denen sich unterschiedliche Tische über die gemeinsame Bild-Kommunikation ‚unterhalten‘. Gut vorstellbar wäre beispielsweise die Verwendung auf Hochzeiten mit strenger Sitzordnung.

Ob sich jedoch eine ausreichend große Gruppe (Stichwort: Spieltheorie) dafür in der Praxis zusammenschließt, bleibt abzuwarten. Unter Betrachtung der Investitionssumme scheint es jedoch gleichermaßen denkbar, dass sich die ‚Color‘-Technologie mit ihren geoverknüpften Kontakt-Netzen früher oder später einfach weiter verkauft. Ein Facebook Party-Graph im Stil von ‚Wer-mit-wem-worüber‚ lässt sich leicht ersinnen.

Im Verkaufen hat Color-Gründer Bill Nguyen übrigens reichlich Erfahrung. Im letzten Jahr veräußerte er die Musikplattform LaLa für $80 Millionen US-Dollar an Apple. Im Herbst 2010 kaufte er für $350.000 US Dollar die Domain Color.com. Jetzt wissen wir auch warum.