HPs tödlicher Naivitäts-Schluckauf

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HP reported that it plans to announce that it will discontinue operations for webOS devices, specifically the TouchPad and webOS phones. HP will continue to explore options to optimize the value of webOS software going forward.

Selbst Amateur-Beobachtern war klar, webOS benötigt mindestens zwei Jahre uneingeschränkte Aufmerksamkeit und finanziellen Rückhalt, um ansatzweise Relevanz im Smartphone- und Tablet-Markt zu erlangen. Wohlgemerkt: zwei Jahre nach einem initialen Produktstart. Dem HP Veer und HP TouchPad hat der Onkel mit den Printern dafür 96 respektive 49 Tage (!) Lebenszeit eingeräumt.

Das ist traurig. Traurig für ein vielversprechendes Produkt, (zumindest) interessanten Entwicklungsansätzen und eine Schwächung der gesamten Tablet-Branche.

Zuallererst enttäuscht, dass eine ernstzunehmende iPad-Konkurrenz, mit verflochtener Hard- und Software-Produktion, unrühmlich das Feld räumt. Aus übergeordneter Perspektive ist es außerdem ein Rückschlag für neue Innovationen und Mitbewerber-Druck auf die gesamte Branche, der die wichtigen Alternativen zum Markthäuptling Apple gravierend einschränkt.

Fest steht: HP ist mit seinen mobilen Betriebssysteme nicht an Apple gescheitert – wie gerne behauptet wird. HP hat sich schlicht kampflos selbst aufgegeben.

Ohne sichtbaren Kurswechsel, neue Produktlinien oder erhellende Software-Wendung in den letzten Monaten, verlief HPs Marktstart eigentlich ohne eine unbekannte Komponente. HP wusste, in welches Umfeld sie starten. Es gab kein Überraschungsei, dass die Ausgangssituation verändert hätte. Der jetzige Rückzug wirkt daher unüberlegt, ohne Berücksichtigung der Mitbewerber und allem voran überhastet. HP muss sich die Frage gefallen lassen, warum man überhaupt in den Boxring steigt, wenn man nach dem Auftaktgong wieder davonläuft.

„About a year ago, we made a bet on webOS. At that time we set clear metrics and milestones to measure success. The sellthough of the TouchPad was not what we expected. Our expectation was to establish TouchPad as the clear number 2 platform in tablets.“

WebOS besaß einen berechtigten Platz in der absurd wachsenden ‚Post-PC‘-Ära. Durch den heutigen Truppenabzug hat HP nicht nur einen potenziellen Mitstreiter (ohne faire Chance) vor die Tür gesetzt, sondern sich während einem Wirtschaftsboom selbst aus dem Rennen genommen – die Reviews waren immerhin gehobenes Mittelmaß.

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Eine Lizenzierung an Hardware-Buden wie HTC oder Samsung, wie sie weiterhin im Raum steht, ist – wie bei vielen Android-Vertretern zu sehen – kraftlos. Das fängt mit (finanziellen) Ressourcen für die Weiterentwicklung an und hört mit Fragen zum Patent-Portfolio und dessen Angreifbarkeit auf.

Der Abgesang ist ernüchternd. Man kann hohe Ziele haben („We think it’s one of the best operating systems out there today. We see nothing in development in the next 3 to 5 years that comes close„), man kann den Anspruch auf Marktdominanz äußern („In the PC world, with fewer ways of differentiating HP’s products from our competitors, we became number one; in the tablet world we’re going to become better than number one. We call it number one plus.„) aber diese bereits im ersten Anlauf ernsthaft zu erwarten, ist schlicht naiv. Und wie in diesem Fall tödlich.

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