Vier Produkte in zwei Stunden: eine Handvoll erster Gedanken zum gestrigen Event

Apple-Keynotes sind Produkte in sich selbst. Über Keynotes erklärt sich Apple gegenüber der Welt. Dafür mieten sie nicht einfach nur eine Bühne, sondern ziehen ganze Nebengebäude hoch (so wie im letzten Jahr) oder krempeln – so wie gestern zu sehen – bestehende Arenen komplett um. Vorbereitungszeit diesmal: 4 Monate.

Apple gestattet sich pro Jahr nur eine sehr begrenzte Anzahl von Selbstversuchen. Deshalb war die WWDC-Keynote im Sommer mit ihrem ausschweifenden ‚Apple Music‘-Anhang eine Enttäuschung; und deshalb war die gestrige Veranstaltung – trotz ihrer Laufzeit von 2 Stunden und 20 Minuten – ein gelungenes Event, das erfolgreich vier neue Produkte ins Rampenlicht zog.

The new Apple TV

Mein erster Gedanke: Wenn die kleine Kiste wirklich so durch Filme und Serien spult, wie sie es im Spot zeigt, ist das für mich bereits ein ausreichender Kaufgrund. Apps, sind der zweite Anlass. Plex, anyone? Mein nächster Gedanke: Gibt es auch einen richtigen Controller für Spiele? Die gute Nachricht lautet: Ja, gibt es.

Ein wichtiges Detail, das allerdings nur zwei Randbemerkungen bekam, sind Universal-Apps. Games, die du bereits als iPhone- oder iPad-Version besitzt, bekommen jetzt auch eine Apple-TV-Version. Das erinnert ans Cross-Buy-Feature der PlayStation – einmal kaufen, überall laden. Entwickler müssen sich (wieder einmal) überlegen wie sie den Mehraufwand finanzieren; für Kunden bleibt das ‚Einmal gekauft, ewig geupdated‘-Konzept verständlich. Richtig umgesetzt, geht mit diesem Setup zusätzlich ein automatischer Spielstand-Sync einher.

Interessant wirds, wenn wir über die In-App-Kauf-Kultur nachdenken. Publisher, die Spiele für Nintendo-, Sony- und Microsoft-Konsolen raushauen, halten seit Jahren diese Art der Finanzierung zurück (Ausnahmen bestätigen die Regel). Ich frage mich, wie attraktiv der Apple TV als Konsole mit diesem Bezahlmodell wird, wenn davon erst einmal eine Handvoll Millionen verkauft wurden.

Ach so, und die zwei Speichergrößen, 32 und 64 GB, die nur existieren um auch die Preismarke von 149 US-Dollar zu reißen, sind unnötig kompliziert.

iPad Pro

Das iPad schleicht in den Enterprise-Markt – letztes Jahr IBM, letzte Woche Cisco – und keiner merkt es (so richtig). Das, was die Macs nie geschafft haben, scheint das iPad zu wuppen (weil das Tablet Dinge kann, die Laptops nicht können). Das neue Pro wird diese Übernahme noch beschleunigen.

Das 12.9-Zoll-Gerät entsteht zu einer interessanten Zeit. Es ist eines der Produkte, die trotz Millionen-Verkäufen mit rückläufigem Wachstum schwächeln und deshalb (in einigen Kreisen) in Zweifel gezogen werden. Das iPad Pro fühlt sich so an, als ob Apple jetzt mit ein bisschen produktiver Wut im Bauch dagegensteuert.

Vielleicht ist es dieser Übermotivation geschuldet, dass das iPad Pro in seiner ersten Version kein 3D Touch bekommt?

Der neue ‚Smart Connector‘ für Keyboards ist auch Drittanbietern zugänglich. Logitech kündigte bereits ‚Create‘ an, das ohne nervige Bluetooth-Kopplung und ohne Sorgen um die Batterie des Accessoires auskommt.

Apple Watch

Mehr Farben, mehr Bänder. Das war nicht nur zu erwarten, sondern ist fundamentaler Bestandteil dieses Produktes. „To wear it is to love it.“

Außer einer Zubehör-Show war wenig über die Integration mit den anderen Apple-Produkten zu erfahren. Ich hätte mir einen Fokus auf Musik (+ passende BT-Kopfhörer) gewünscht. Vielleicht war dafür nicht genug Zeit?

Betonung fand die Kooperation mit dem Luxus-Armbandhersteller Hermès.

Zitat der Pressemitteilung:

„Bei Hermès sind wir bestrebt unseren Kunden elegante, kreative und funktionale Gegenstände für den Alltag zu bieten“, sagt Pierre-Alexis Dumas, Executive Vice President in Charge of Artistic Direction von Hermès. „Wie könnte man diesem Prinzip zeitgemäßer und bedeutender Ausdruck verleihen, als durch diese Zusammenarbeit mit Apple. Wir werden stark durch die gleichen tiefen Überzeugungen und Prinzipien geeint.

Mich würde es wundern, wenn Hermès nächste Woche eine vergleichbare Zusammenarbeit mit einer von den unzähligen Android-Wear-Uhren ansagt. Auch wenn die Kollektion nicht zu meinem Geldbeutel (oder Stil) passt, diese Art von Deals sind ein Alleinstellungsmerkmal gegenüber Mitbewerbern.

iPhone 6s und iPhone 6s Plus

3D Touch ist kein schöner Name, aber eine Technologie, die sehr schnell nicht mehr wegzudenken sein wird.

Apple scheint besonders stolz darauf.

Ive is proud of 3D Touch because it improves the experience of owning an iPhone, but he’s also proud of what it says about Apple. He can’t think of another company that would have put so many resources into such a seemingly subtle, yet potentially profound, change.

“Why would we spend this many years working on 3D Touch when you can do some of these things with a button? Well it’s, it’s just such a fluid connection with your content,” says Ive, a little dreamily. “And not everything is binary, is it?”

How Apple Built 3D Touch“ | Josh Tyrangiel

‚Live Photos‘ dürften zum Selbstläufer werden – insbesondere wenn das Feature in der Standard-Konfiguration eingeschaltet ist (und Leute herausfinden, dass diese bewegten Bilder auch als Hintergrund für den Sperrbildschirm gesetzt werden können). Mich interessiert, wie viel Speicher sie belegen. Ein iCloud-Speicher-Upgrade (zu den neuen Preisen) steht für mich aber wohl ohnehin an.

Und ja, die neue Farbe Roségold halte ich für einen Hit. Auch für mich privat.