Ausgerollt: ‚World of Tanks Blitz‘

Zum Release von ‚World of Tanks Blitz‘ (kostenlos; universal; App-Store-Link) lud Publisher Wargaming nach Amsterdam. Beim Check-in ins Hotel stand ich neben einem polnischen Pressekollegen, der sich von einer gesprächigen und gut gelaunten Hotelangestellten sein Zimmer zuteilen ließ. Die Mitarbeiterin sprach überdreht freudig, aber fast nur mit sich selbst. Der Journalist, großgebauter Natur, bärtig mit Glatze und kurzer Flecktarnhose, sagte keinen Ton. Im minutenlangen Small-Talk-Monolog stolperte die Mitarbeiterin teilweise über ihre eigenen Worte und landete urplötzlich bei der Frage: „So, you are here for the Wargaming event. I was wondering: What is it all about, this wargaming?“

Es folgte Schweigen, langes Schweigen. Nach fünf gefühlt unendlichen Sekunden antwortet der Kollege aus Warschau mit einem, wie zu erwartenden, herben Akzent: „War!

Ein einziges Wort. Kein Mienenspiel, kein Zwinkern entfleuchte seinem Gesicht als er sich direkt nach diesem Statement umdrehte und mit seinem Zimmerschlüssel die Rezeption verließ.

Ganz ehrlich: Mich hätte es interessiert ob die nette Dame, genau wie ich, auch so rein gar nichts mit Krieg und Panzern anfangen kann. Dazu hätte ich ihr aber mehr über Wargaming erzählen müssen, und das schien in dieser Situation unpassend. Außerdem wollte ich ihr die kleine Fassungslosigkeit auch nicht wegnehmen.

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World of Tanks, das MMOG aus Weißrussland, ist aus verschiedensten Blickwinkeln ein Phänomen. Beispielsweise betreuen weltweit über 3000 Mitarbeiter_innen die 85 Millionen (!) registrierten Spieler und Spielerinnen, die sich für taktische Gefechte auf einem Online-Schlachtfeld zusammenrufen. Position, Bewegung und die Fähigkeiten der Stahlmonster entscheiden hier über Sieg und Niederlage.

World of Tanks versteht sich als langsameres Counterstrike – mehr eSport als Shooter. So spielen auch komplette Neueinsteiger wie ich mit (verlieren aber nicht direkt hinter der ersten Hausecke durch einen Sniper ihren Kopf). Die bequeme Lernkurve soll jedoch nicht davon ablenken, dass die Duelle unter Windows und auf der Xbox bereits echte Profis züchtete (die sich neben dem täglichen Training auch in Turnieren, wie beispielsweise den ‚World Cyber Games‘, gegenüberstehen).

Ihr könnt euch vorstellen was passiert, wenn man einer derart leidenschaftlichen Gruppe ankündigt, das Panzerkommando zukünftig auch in den App Store einrollen zu lassen? Die Reaktionen reichten von Aufregung bis Angst. Wargaming startete auch deshalb mit einer geschlossenen Beta sowie einem anschließenden Testlauf in den skandinavischen iOS-Stores. Der Release am 26. Juni hätte jedoch kaum besser laufen können: Das Free-to-Play-MMO fand sich nach den ersten Tagen in den Top 10 von über 100 Ländern und die Server federten den zusätzlichen Ansturm geschmeidig ab.

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Wichtiger: Die spielerische Umsetzung auf iPhone und iPad gelang. Aus 90 Panzern (das Desktop-Spiel zählt über 300 Fahrzeugmodelle) lassen sich 7 vs. 7 Gefechte bestreiten, denen ihr automatisch zugelost werdet (oder nach befreundeten WoT-Accounts sucht und Einladungen verschickt). Nach gut einem Duzend Spielrunden, die nur wenige Minuten dauern, versteht ihr die Steuerung eures Stahlkolosses und beginnt mit den ersten taktischen Manövern. Chat-Absprachen mit den kollegialen Kommandanten, bei Manövern durch enge Häuserfronten, entscheiden nicht wirklich über den Truppenerfolg. Die Karten sind kleiner und die Gefechte kompakter als beim PC-Bruder. Manchmal gilt es die andere Division zu plätten, manchmal muss die eigene Mannschaft nur lange genug eine Stellung halten.

Und jeder Ausflug kosten nichts?

Alle Publisher versprechen: „Bei uns kann man alles im Spiel ohne Geld auszugeben erreichen“. Auch Wargaming sagt das, blickt im Gegensatz zu den jüngeren App-Store-Erfolgen auf eine über mehrere Jahre gewachsene Freemium-Geschichte, die bei Ihnen am Desktop begann. Mittlerweile übersteigen die Micropayments, die man sowohl am PC wie auch unter iOS ausgeben kann, die Umsätze eines Abonnenten-Hits wie World of Warcraft, befindet sich aber nicht in den schwindelerregenden Candy-Crush-Höhen. Irgendwas läuft da richtig.

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Freemium & Panzer? Ich hätte ja nicht mit meinem Interesse gerechnet. Doch selten lebt ein ‚Mobile Game‘ zu seiner Desktop-Fassung im gleichen Genre auf. Ihr kennt das: Aus lustigen Jump’n’Runs auf der Konsole werden unter iOS mittelmäßige Endless-Runner. World of Tanks Blitz aber schafft es, seiner treuen Fanbasis trotz Touchsteuerung ein MMO mit Spieltiefe für unterwegs aufzutischen. Das Gameplay ist für die mobile Apple-Plattform, egal ob die Gefechte über WiFi oder 3G laufen, angepasst, aber nicht verfälscht. Und das finde ich bemerkenswert.