Steve Jobs Teilnahme in der Telefonkonferenz zu den Apple Geschäftszahlen Q4/2010

Zweifelsohne: Steve Jobs hatte am vergangenen Montag einiges zu sagen. Sein unangekündigtes und überraschendes Erscheinen in der Telefonkonferenz zu den aktuellen Quartalszahlen ließ bereits vor seiner Ansprache hellhörig aufhorchen. Als Anlass deklarierte das Apple Oberhaupt die Überschreitung der Marke von $20-Millarden US-Dollar im Umsatz.

But I just couldn’t help dropping by for our first 20-billion-dollar quarter.

Es wäre naiv anzunehmen, dass dies der einzige Grund für seine Teilnahme war. Seine darauf folgender Vortrag bestätigte dies.

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Mit Genugtuung wiederholte er die bereits vorab verkündete Zahl von 14.1 Millionen iPhones, die alleine in den letzten drei Monaten über die Ladentresen wanderten. Nur indirekt bestätigte sich über diesen Verkaufserfolg, dass die von den Medien aufgebauschte ‚Antennagate‘-Problematik, keinen Einfluss auf die Absätze hatte. ‚Keinen Einfluss‘ ist dabei weit untertrieben. 14.1 Millionen iPhones hat Apple noch nie in einem Quartal abgesetzt. Die letzten Höchstwerte pendelten sich zwischen acht und neun Millionen Geräten ein.

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Danach erfolgte die harsche Kritik in Richtung der Mobilfunk-Mitbewerber. RIMs Blackberrys traf es dabei am härtesten, weil sie von Jobs extrem kurz abgekanzelt wurden.

We’ve now passed RIM. And I don’t see them catching up with us in the foreseeable future. They must move beyond their area of strength and comfort, into the unfamiliar territory of trying to become a software platform company.

Googles Android scheint höheres Mitstreiter-Potenzial in Cupertino zu genießen. Suchmaschinen-Oberhaupt Eric Schmidts 200.000 Android-Aktivierungen pro Tag diskreditierte Jobs mit: „Unfortunately, there is no solid data on how many Android phones are shipped each quarter. We hope that manufacturers will soon start reporting the number of Android handsets they ship each quarter, but today that just isn’t the case.“. Nach Jobs Meinung bleibt abzuwarten, wie sich Apple im Vergleich zu den vom Statistik-Institut Gartner prognostizieten 10 Millionen Android-Telefone im letzten Quartal schlägt. Derzeit aktiviert Apple täglich 275.000 iPhones iOS-Geräte.

Die Kampfansage, die der Apple-Boss hier annimmt, erscheint nicht nur zu hochgegriffen sondern auch ein klein wenig größenwahnsinnig. Obwohl sich Apple derzeit eindeutig bemüht, bei mehreren Mobilfunkanbietern vertreten zu sein, gegen ein lizenzgebührenfreies OS, das alle großen Hardware-Buden auf ihre neu zusammengeschraubten (Smart-)Phones packen können, sollte nicht im Fokus der Betrachtung stehen.

Wie Jobs richtig ausführt, ist der Markt für Telefone mit dem Google-Betriebssystem extrem fragmentiert.

Many Android OEMs, including the two largest, HTC and Motorola, install proprietary user interfaces to differentiate themselves from the commodity Android experience.

Als Software-Beispiel zieht Jobs den Twitter-Client TweetDeck (kostenlos; App Store-Link) heran. Gegenüber zwei überschaubaren App-Store-Programmen (iPhone + iPad), sollen sich im Android-Markt „more than a hundred different versions“ auf „244 different handsets“ tummeln.

Many Android apps work only on selected Android handsets, running selected Android versions. And this is for handsets that have been shipped less than 12 months ago!

Software regiert. Ohne Frage bleibt seine Argumentation nachvollziehbar und zu unterstreichen. Trotzdem hätte ich mir gewünscht, dass Jobs ausführlicher betont, dass man sich nicht auf einen reinen Zahlenkampf einlassen möchte. „Sollen Sie doch mehr verkaufen“ wäre als Aussage angemessen; aber vielleicht unpassend vor Analysten-Publikum.

Die Zahlenschieber hätte ich persönlich außerdem expliziter mit der Frage konfrontiert: „Was ist ein Android-Telefon?“. Mit ein paar Beispielen, wie abgespeckt und vollgepackt, eine auf Masse gefertigte Telefon-Hardware ausfallen kann, hätte der Erklärung gut getan. Dagegen wirkte die Darlegung über ein „offenes“ und „geschlossenes“ System dem Zuhörerkreis unangemessen. In den anschließenden FAQ-Nachfragen wurde deutlich, dass einige der zugeschalteten Finanzexperten diese Diskussion ohnehin nicht interessierte.

In reality, we think the open versus closed argument is just a smokescreen to try and hide the real issue, which is, “What’s best for the customer – fragmented versus integrated?”

In den Nachfragen wird außerdem auf den Telefonmarkt als Nullsummenspiel angespielt, welche folgende Antwort erhält:

As you know, the largest market of phones today around the world are non-smartphones. And so over the next several years, many of those non-smartphones are going to convert to smartphones. And the pie is gonna continue to grow.

Im kleinen Seitenhieb auf den Marktführer Nokia lässt Job (bewusst) unter den Tisch fallen, dass die Gewinnmargen bei der Konkurrenz erheblich geringer ausfallen…

Nokia makes $50 handsets, and we don’t know how to make a great smartphone for $50. We’re not smart enough to have figured that one out yet, but believe me I’ll let you know when we do.

…was wenige Minuten später deutlich wird:

You’re looking at it wrong. You’re looking at it as a hardware person in a fragmented world. You’re looking at it as a hardware manufacturer that doesn’t really know much about software, who doesn’t think about an integrated product but assumes the software will somehow take care of itself. And you’re sitting around saying, well, how can we make this cheaper? Well, we can put a smaller screen on it, and a slower processor, and less memory, and you assume that the software will somehow just come alive on this product that you’re dreaming up, but it won’t.

Tablets

Die harten Diskussions-Kaliber hielt sich der Apple Chef jedoch für sein Tablet auf. Unbestritten: Jobs sieht den iPad-Ansatz als (s)ein zukünftige IT-System. Am morgigen Mittwoch könnte beim „Back to the Mac“-Event deutlich werden, wie sehr Mac OS X und iOS gemeinsame Wege beschreiten (sollen).

As you know, we’re already shipping more of them than Macs after just a few quarters. […] The iPad is clearly gonna affect notebook computers. And I think the iPad proves it’s not a question of if, it’s a question of when.

Eine deutliche Absage erteilte er einer 7-Zoll-Version seines Touch-Computers.

One naturally thinks that a seven-inch screen would offer 70 percent of the benefits of a 10-inch screen. Unfortunately, this is far from the truth. The screen measurements are diagonal, so that a seven-inch screen is only 45 percent as large as iPad’s 10-inch screen. You heard me right: just 45 percent as large.

Dieses Statement hätte die aufstrebenden Mitbewerber bereits ausreichend disqualifiziert. Doch wer Jobs über die Jahre erlebte weiß, dass er nicht bei einer indirekten Diskreditierung stoppt.

These are among the reasons that we think that the current crop of seven-inch tablets are going to be DOA—Dead on Arrival. Their manufacturers will learn the painful lesson that their tablets are too small, and increase the size next year, thereby abandoning both customers and developers who jumped on the seven-inch bandwagon with an orphaned product. Sounds like lots of fun ahead.

Hybrid-Modelle, die sich nicht entscheiden können, ob sie Smartphone oder Computer spielen wollen, stehen ebenfalls nicht hoch in der Cupertino-Priorität.

The seven-inch tablets are tweeners: too big to compete with a smartphone, and too small to compete with an iPad.

Nur als Nebensatz fällt: „So we’re out to win this one!“. Es sagt jedoch eine ganze Menge über die Anstrengungen aus, mit denen sich Apple in dieses Geschäft wirft.

Nachsatz

Die Pressemitteilung zur den Geschäftszahlen im vierten Quartal beinhaltet (wie gewohnt) ein Steve Jobs Zitat, das diesmal auf folgende Zeile endet:

Und wir haben noch einige Überraschungen für das laufende Kalenderjahr parat.

Mit Blick auf das derzeitige Barvermögen von 50 Milliarden US-Dollar wäre eine offensivere Strategie für Akquisitionen nicht unrealistisch. Ob sich Apple nach dem eher defensiven und strategischem Einkaufsverhalten der letzten Jahren auf ‚gewagteres‘ Terrain begibt, bleibt abzuwarten.

We don’t let it burn a hole in our pocket, we don’t allow it to motivate us to do stupid acquisitions. And so I think that we’d like to continue to keep our powder dry, because we do feel that there are one or more strategic opportunities in the future. That’s the biggest reason.

Eine annähernd komplette Mitschrift des Telefonats liefert Macworld. Das Gespräch ist auch als Podcast (iTunes-Link) nachzuhören. Des Weiteren veröffentlichte Bloomberg TV in der letzten Woche ein fünfzigminütiges Steve-Jobs-Spezial.

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-> http://www.bloomberg.com/video/63722844/