Final Cut Pro (App-Store) oder Final Cut Pro (Mac-App-Store)?

Mir fällt es nicht schwer, zwischen iPadOS und macOS zu unterscheiden. Beide Betriebssysteme bringen eigene Stärken und individuelle Schwächen; entsprechend sitze ich gleichermaßen gerne vor dem iPad und meinem Mac mini.

Sich beide Geräte zu leisten, ist eine extrem privilegierte Position. Das darf als Kritikpunkt häufiger im Mittelpunkt stehen. Tut es aber oft nicht. Kritisiert wird dagegen, dass das eine Werkzeug nicht wie das andere Werkzeug funktioniert.

Apples Pressefoto von Final Cut Pro auf dem iPad.

Mit Final Cut Pro und Logic Pro schlägt in zwei Wochen nun Software im App-Store auf, die sich (unter identischem Namen!) seit über einem Jahrzehnt im Mac-App-Store verkauft. Trotzdem wird es nicht die gleiche Software sein, wie Apple ausdrücklich betont.

Final Cut Pro und Logic Pro für iPad bieten völlig neue Interfaces für Touch Nutzung, die es Anwender:innen ermöglichen, ihre Arbeitsabläufe mit der Unmittelbarkeit und Intuitivität von Multi-Touch zu verbessern. Final Cut Pro für iPad bietet Videoproduzent:innen eine Reihe leistungsstarker Werkzeuge zum Aufnehmen, Bearbeiten, Fertigstellen und Teilen von Videos — alles von einem tragbaren Gerät aus.

Die Pressemitteilung reißt einige Unterschiede an – vom integrierten Kameramodus über „Live Drawing“ mit dem Apple Pencil bis zu Multi-Touch-Reglern.

Entsprechend ihrer Plattform sehen die iPad-Apps auch nicht wie die gleichnamigen Anwendungen auf dem Desktop aus. Obendrein könnte der Kontrast zu iMovie und GarageBand nicht größer sein: Apples neue Pro-Apps versprechen eine komplexe Bedienoberfläche. Mit Blick auf die Screenshots ist das für mich im Moment die spannendste Erkenntnis.

Apples Pressefoto von Logic Pro auf dem iPad.

Auch das Preismodell ist zeitgemäß. Matt Birchler hat darüber bereits alles gesagt, was es zu sagen gibt.

While you can argue $299 amortized over many years means it’s cheaper to pay a big lump sum up front, but it’s also far more accessible to have an app that asks for less money at a time. […]

By setting the entry point to $5/month or $50/year, it lets people ease into the video and audio editing world better. After all, it’s easier to justify spending $5/month start a YouTube channel and see if you can make it, vs committing to $300 and praying you do so that you make your money back. That’s true if you’re in your 30s like me, and it’s way more true of someone in in their 20s or teenage years.

Mit Blick in die (ferne) Zukunft befinden sich iPadOS und macOS natürlich auf Kollisionskurs. Ultimativ ist es nicht sinnvoll, zwei Systeme zu pflegen. Aber dieser Zeitpunkt ist noch nicht heute.

Heute laufen stolpern, mehr schlecht als recht, ein paar iPad-Apps über macOS. Und wenn Apple wollte, könnten sie macOS als virtuelle Maschine – als App – für iPadOS anbieten. Für eine Handvoll Arbeitsabläufe würde ich mir das wünschen, weiß aus tagtäglicher Erfahrung aber auch, wie begrenzt praktisch die Nutzung von dem derzeitigen Desktop-Betriebssystem am iPad ist.

Deshalb sind diese Pro-Apps eine absolute Bereicherung für Apples gesamtes Ökosystem. Final Cut und Logic aus dem App-Store stehen nicht in Konkurrenz zu Final Cut und Logic aus dem Mac-App-Store. Sie sind ein frischer Blick auf etablierte Software, die gegenseitig von einander lernen.

Man darf, nein man sollte, von Apple eine mutige Weiterentwicklung beider Betriebssystem verlangen. Aber man kann das auch tun, ohne ständig die Konkurrenz-Diskussion zu führen.