Bestandsaufnahme: Google Voice + GV Mobile

Carta.info verfasste mit dem Artikel ‚Google-Bashing: Zur politischen Ökonomie einer Suchmaschine‚ in der letzten Woche eine sehr gelungene Übersicht zum derzeitigen Software- und Dienstleistungs-Stand des Wirtschaftsunternehmens aus Mountain View. Während seine Gründer Larry Page und Sergey Brin laut darüber nachdenken bis 2014 etwa 17-Prozent ihrer Aktienanteile zu verkaufen, und damit ihre Stimmmehrheit verfallen zu lassen, könnte der Zeitpunkt nicht besser gewählt sein, dessem ‚Voice‘-Service einmal genauer zuzuhören.

Ich habe mir am heutigen Sonntagmorgen einmal die Zeit genommen, eine Google Voice-Einladung abzuarbeiten, die sich seit Juli ’09 in meinem Postfach festgesetzt hat. Die US-Pressestelle wies bei der damaligen Zusendung zurecht darauf hin, dass der Service derzeit nur in den USA angeboten wird. Das macht den Aufbau der Testumgebung nicht gerade einfach. Trotzdem konnte ich einige spannende Praxiserfahrungen sammeln, die insbesondere (iPhone-)Mobilfunkbesitzer interessieren dürften.

Anmeldung

Um sich bei Google Voice anzumelden und den Telefondienst mit seinem Gmail-Account zu verquicken, bedarf es einer ‚Einwahl‘ aus den USA. Zumindest muss man den Browser denken lassen, er würde sich auf dem nordamerikanischen Kontinent befindet. Das funktioniert beispielsweise mit – dem für OS X grauenhaften – Hotspot Shield. Der VPN-Dienst wird drolligerweise jedoch nur zur (Erst-)Anmeldung benötigt. Danach lässt sich auch ohne ‚IP-Umwege‘ auf die Webseite https://www.google.com/voice zugreifen.

Ebenfalls notwendig: eine US-Telefonnummer. Wer mit dem Google Voice-Konzept bereits vertraut ist weiß, dass dessen Motto lautet: „One number to rule ring them all!“

Google navigiert ein eintreffendes Gespräch auf der zentralen Rufkennziffer, an alle eingetragenen Sprechapparate – egal ob Mobilfunk-, Privat- oder Arbeitsnummer. Es klingelt bei Bedarf überall. Außerdem möglich: Individuelle Anrufbeantworter-Ansagen, Transkription der aufgezeichneten (Sprach-)Nachrichten in Text, kostenloser SMS-Versand oder günstige Auslandsgespräche.

Für den Anmeldungsprozess und zum Erhalt der ‚Master‘-Rufnummer, muss eine amerikanische Zahlenkombination hinterlegt werden. Da ich die Freunde und Kollegen in den USA zu späten Nachtzeiten nicht wecken wollte, habe ich mir eine SkypeIN-Nummer (Affiliate-Link) für den Zeitraum von drei Monaten bestellt. Bei der Bestellung ist es (logischerweise) notwendig, diese in den USA anzusiedeln.

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Die Anmeldung schließt mit einem erster Testanruf von Google auf der US-Nummer, die mit einer zweistelligen Zahlenkombination autorisiert werden muss.

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Wenig überraschend: Google Voice ähnelt optisch der verbrüderten E-Mail-Anwendung aus gleichem Hause. Wer eine schicke Chrome-Extension für die ’schnelle Einwahl‘ benötigt, findet die gerade aktualisierte Erweiterung aus offizieller Hand an dieser Stelle.

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Was funktioniert, was nicht?

In den USA genießt der Dienst bereits viele lobende Stimmen und ein breites Leistungsspektrum. Da außerhalb den USA die Anmeldung – insofern man überhaupt eine Einladung bekommt – nur mit den oben beschriebenen Kniffen möglich ist, schränkt dies die Funktionsvielfalt ein. Ist man jedoch angemeldet, fallen die Einschränkungen (zu meiner Verwunderung) sehr niedrig aus. Eigentlich funktioniert alles, bis auf das Hinterlegen von internationalen Telefonnummern für eine Anrufweiterleitung. Leider ist dies natürlich eine der Hauptfunktionen.

Wenn Freunde und Verwandte auf der (US-)Google Voice-Nummer anrufen, klingelt in meinem Fall Skype. Ein Anrufer, den Google Voice noch nicht kennt, wird darum gebeten (s)einen Namen einmalig einzusprechen. Diese Stimmaufzeichnung wird ab dann vor jeder Gesprächsannahme angesagt. Man darf also entscheiden, Gespräche von der Freundin anzunehmen und den Chef zum Anrufbeantworter zu schicken. Oder umgekehrt.

Über Sprachbox-Aufzeichnungen wird per E-Mail informiert. Google Voice überträgt die eingesprochene Nachricht dabei in Text. Das führt teilweise zu großen Schnitzer, aber auf jeden Fall zu Lachern: „And yeah let’s see if this test drugs out. Thanks.“

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Nach ein paar vereinzelten Versuchen würde ich dem Dienst durchaus attestieren, englische Sprachaufzeichnungen hinreichend genau zu ‚übersetzten‘, um die Rückruf-Wichtigkeit einschätzen zu können.

Telefon-Gespräche lassen sich über den Webbrowser unkompliziert aufbauen. Innerhalb der USA sind diese kostenfrei. Internationale Rufnummern ins Festnetz kosten $0.02 Cent pro Minute. Das entspricht einer ähnlichen Gebührenstruktur wie Skype. Google Voice informiert euch vor dem Aufbau wieviele Telefonminuten noch mit eurem Guthaben möglich sind. Deutsche Mobilfunknummern ließen sich nicht anwählen.

GV Mobile

Ein weitere Grund, über Google Voice zu berichten ist natürlich die Geschichte mit und rund um die iPhone-Anbindung. Im Sommer 2009 bekam die offizielle Google-Anwendung keinen App Store-Fahrschein. Im gleichen Atemzug flogen bereits zugelassene Programme wieder aus dem Apple-Verkaufsgeschäft heraus. Daraufhin entbrannte neben der wortreichen Diskussion auch eine Untersuchung der FCC, die Stellungnahmen von Apple, Google und AT&T einforderte. Soweit bis jetzt bekannt, stellt sich Apple weiterhin auf den Standpunkt das die Anwendung nie offiziell abgelehnt wurden und sich weiterhin im Genehmigungsprozess befindet. Ziemlich absurd.

Einer der Software-Drittanbieter für Google Voice, der als Verlierer nach zweimonatiger Aufenthaltszeit wieder aus dem App Store entfernt wurde, nennt sich GV Mobile von Sean Kovacs. Seine Reaktion?

Looks like Apple/AT&T pissed off a lot of people…lol. Anyway, I’ll be releasing GV Mobile v1.2 on Cydia for free today or tomorrow, with an update coming in a couple weeks.

GV Mobile ist in der letzten Woche auf Version 2.0 aktualisiert worden, kostet mittlerweile $2 US-Dollar und darf auf iPhones mit Jailbreak seine Benutzer suchen und finden.

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Da sich aus unseren Landen noch keine internationalen Nummern bei Google Voice hinterlegen lassen, beschränkt sich der GV Mobile-Client auf kostenfreie SMS und das Abhören des Anrufbeantworters. Zumindest dachte ich das! Anstelle meiner Mobilfunknummer klingelt bekanntlich Skype, und Skype gibt es (kürzlich auf Version 1.3 aktualisiert) auch auf dem iPhone (kostenlos; App Store-Link).

Mit ein paar (Jailbreak-)Zusatzprogrammen lässt sich Skype aktiviert in den Hintergrund verschieben und funkt auch über eine UMTS-Verbindung. Skype-Gesprächen auf dem iPhone sind derzeit offiziell nur über WLan möglich. Initiiert man jetzt über Google Voice den Gesprächsaufbau, darf man zum klingelnden Skype wechseln und dort sein IP-Telefonat annehmen.

Nicht ganz unkompliziert, in der Praxis aber auch nicht unmöglich.

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Verlosung

Laut der Google Voice-Benutzeroberfläche habe ich drei Einladungen für den Web-Service zu vergeben. Wer den ‚Ausprobier-Stress‘ nicht scheut, ist herzlichst zu einer kleinen Verlosung eingeladen.

Sprecht mir doch dazu eine Nachricht auf den Anrufbeantworter unter meiner neuen Google-Nummer (415) 894-5606 auf. Ich suche dabei die am lustigsten übersetzten Texte heraus und verschicke später die Einladungen per E-Mail.