Das iPad mini (2019)

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Tablets sind tot, lang lebe das iPad. Neun Jahre nach Apples erstem „Big iPod Touch“ hat sich die namhafte Konkurrenz weitgehend aus dem Geschäft mit Tablets zurückgezogen: Samsung, Nokia und Google, ehemals als ernsthafte Mitbewerber gehandelt, schwenkten zurück auf Smartphones. Das Tablet-Team von Android bekam keine Keynote-Minute auf der diesjährigen Entwicklerkonferenz. Amazons Fire Tablets und andere No-Name-Slates sind bestenfalls glorifizierte Netflix-Maschinen. Und für das Microsoft Surface bekommt man ein Betriebssystem für Desktop-PCs.

Eine derartig Mitstreiter-lose Position ist nicht gesund: Apple zeigte sich schon immer bissiger, wenn sie herausgefordert werden. Das erste iPad mini erschien beispielsweise im Herbst 2012 und war eine direkte Antwort auf die damals aufstrebende Mini-Tablet-Konkurrenz: Ohne ein Nexus 7, das (grauenhafte) BlackBerry PlayBook oder die unterschiedlichen Tablet-Zwerge von Samsung wäre Apple vielleicht nie von seinen initialen 9,7-Zoll abgewichen.

Wie sagte Steve Jobs damals: „Wir glauben nicht, dass man mit einem 7-Zoll-Bildschirm ein großartiges Tablet bauen kann“. Nutzer müssten sich bei dieser Bildschirmgröße ihre „Finger mit Sandpapier anspitzen“. „10-Zoll ist das Minimum“ für ein ordentliches Tablet.

Das iPad mini stieg zwar nie zum Star in Apples Line-up auf, gewann jedoch die Herzen vieler Käufer und Käuferinnen. Das Mini erarbeitete sich einen regelrecht passionierten Fanclub, der sich frustriert über Apples ausbleibende Liebe für ‚ihre Tablet-Größe‘ in den letzten dreieinhalb Jahren zeigte.

Nun aber beendet die fünfte Generation diese Durststrecke. Und obwohl Apple das iPad mini nicht von Grund auf neu konstruierte, wurde das Spec-Upgrade dieser Hardware gefeiert.

Ich persönlich war skeptisch: Das alte Gehäusedesign mit Home-Button, die Rückkehr zur ersten Pencil-Generation sowie der Verzicht aufs ProMotion-Display klangen auf dem Datenblatt nicht verlockend. Zugegeben: Als jemand der täglich an einem iPad Pro arbeitet, fällt man auch nicht unmittelbar in die Zielgruppe fürs iPad mini.

Ich sollte mich jedoch irren: Das Mini spielt trotz nachvollziehbaren Abstrichen eine tolle Tablet-Partie. Der Bildschirm ist laminiert und sitzt nun näher unter dem Glas; der erweiterte P3-Farbraum sowie True Tone werten ihn nochmal deutlich auf. Die flottere Bildwiederholungsrate, die das Mini gegenüber den Pro-Modellen vermisst, fällt in erster Linie bei der Benutzung mit dem Apple Pencil auf, der in einer direkten Gegenüberstellung mit dem ProMotion-Display nicht komplett verzögerungsfrei malt. Wer jedoch nicht professionell skizziert, der dürfte darüber selten stolpern1.

Eine Kleinigkeit, die meine Benutzung jedoch regelmäßig unterbricht, ist das fehlende ‚Tap to Wake‘-Feature. Auf dem iPhone sowie iPad Pro hat sich die Berührung, die das Display aufleuchten lässt, in mein Muskelgedächtnis geschlichen. Diese Gewohnheit konnte ich mir bislang auch nicht wieder abtrainieren.

Soweit der Bildschirm.

Ich könnte jetzt noch viele Worte über den A12-Prozessor, die Neural Engine, die verlöteten 3 GB an Arbeitsspeicher oder die drahtlosen Technologie wie Bluetooth oder WiFi verlieren, aber diese Komponenten sind aus anderen Apple-Geräten bereits bekannt. Es sind Chips, die wir aus dem letzten Jahr kennen und die die Hardware von diesem iPad mini für viele viele Jahre aktuell halten wird.

Die Langlebigkeit – beziehungsweise der Werterhalt beim Wiederverkauf – ist definitiv im Kaufpreis zu berücksichtigen. Das iPad mini startet preislich zwar bei stattlichen 449 Euro (und kann in seiner Vollausstattung bis zu 759 Euro kosten), wird mit diesen Komponenten jedoch auch mehrere Jahre benutzbar bleiben. Kaum ein anderes Tablet kann das im Moment von sich behaupten.

Meine Kids spielen beispielsweise immer noch mit einem iPad mini 3 aus dem Jahr 2014. Die Performance ist für mich, der aktuelle iOS-Geräte gewöhnt ist, teilweise schwer zu ertragen. Dass dieses Tablet aber auch nach viereinhalb Jahren immer noch seine gewohnten Dienste verrichtet, ist bemerkenswert.

Das Timing für die Veröffentlichung der fünften Mini-Generation ist sicherlich kein Zufall: Das kleine Tablet ist die beste Lesemaschine für Apple News+ und streamt auch ganz hervorragend TV Shows von beliebigen Videoplattformen.

Hier möchte ich aber nicht falsch verstanden werden: Das iPad mini ist weitaus mehr als ein Tablet für Medienkonsum, auch wenn es durch seine handliche Größe dafür extrem gut geeignet ist. Mit dem Mini kuschelt man sich auf die Couch und verliert sich in einer TV-Serie. Gleichzeitig bleiben die 7,9-Zoll aber kompakt genug um damit auch Nachrichten in der S-Bahn zu lesen (oder diesen Artikel hier zu schreiben).

Für meine Kids, die aktuell vier beziehungsweise fünf Jahre alt sind, ist das Mini obendrein die optimale Größe: Bei Angry Birds AR (universal; Laden) haben sie ausreichend Bildschirmplatz um jede Ecke der virtuellen Spiellandschaft zu erforschen, könnten aber trotzdem die 300g, die das Mini auf die Waage bringt, problemlos mit beiden Händen halten.

Für mich persönlich ist es das Layout der iPad-Apps, das mich oft vom iPhone wegholt. Instapaper, Reeder oder die vielen anderen Programme zur Fotobearbeitung sind besser auf einem iPad.

Zugegeben: Das iPhone XS Max hat bereits einen großen Bildschirm; die knapp 8-Zoll des Minis spielen trotzdem in einer anderen Liga. Seitdem ich das Mini benutze, bin ich bereits einige Male verreist – und auf jeder dieser Reisen hat sich Apples kleinstes Tablet mit ins Gepäck geschummelt.

Mit dem neuen iPad mini, und das im gleichem Atemzug überarbeitete iPad Air, vervollständigt Apple seine Produktfamilie. Apple deckt mit den neuen Geräten nun fast jede Preisstufe ab und verteilt die differenzierenden Features nachvollziehbar. Es findet sich tatsächlich keine Pflaume unter den verschiedenen iPads, sondern lediglich unterschiedliche Modelle für unterschiedliche Anforderungen.

Das Mini ist ein vollwertiges iPad – nicht nur in puncto Hardware, sondern auch Software, die sich mit iOS 13 in diesem Jahr (hoffentlich) noch signifikant verbessert.

Ich hatte die kompakte Größe, den Komfort und die Portabilität des iPad mini unterschätzt – oder vielleicht auch nur vergessen. Das Mini ersetzt nicht mein 12,9“ iPad Pro – mein ‚Schreibtisch-Tablet‘.

Das iPad mini ist jedoch die moderne Version eines Klassikers, dessen Vorteile ich erst nach längerer Benutzung wieder zu schätzen lernte.


  1. Dass das iPad mini auf die erste Pencil-Generation setzt, ist dem (unveränderten) Gehäusedesign geschuldet. Der erste Pencil ist bei weitem nicht so schick und funktional wie das neue Modell, er ist aber auch keinesfalls schrecklich.

    Wer eine Alternative sucht oder oft zwischen mehreren iPads wechselt, greift zum Crayon. Logitechs digitaler Stift ist nicht nur kompatibel mit allen aktuellen iPads, sondern er verbindet sich auch durch einfache Annäherung.