„The only thing that’s changed is everything.“

(Ungefähr) alle 2,3 Jahre kauft sich der durchschnittliche iPhone-Kunde ein neues Apple Telefon. Wenn Tim Cook in diesem Herbst also das nächste iPhone aus seinem Hut zaubert, fallen zirka Zweidrittel aller derzeitigen iPhone-Besitzer ins Zeitfenster für ihr Upgrade – Neu- und Wechselkunden selbstverständlich ausgenommen.

Soweit, so normal. Im Gegensatz zu den vorherigen Generationen wechselt in diesem Jahr jedoch nur minimal das Hardware-Design. Apple durchbricht damit (erstmals richtig) seinen eigenen 2-Jahres-Rhythmus. Bislang folgte auf ein komplett neues Gehäuse jeweils ein Produktjahr, in dem Apple neue Technik in ein altes Case stopfte.

Wir erinnern uns ans iPhone 3G, dem das 3GS folgte. Wir denken ans iPhone 4, das mit dem 4s seinen Nachfolger fand. Das iPhone 5 wurde ein Jahr später vom 5s abgelöst, und der Doppelschlag – das iPhone 6 und 6 Plus – wurden vom 6s und 6s Plus ihres Amtes enthoben.

Das iPhone SE, iPhone 5c und iPhone Classic bilden die Ausnahme der Regel.

In diesem Jahr hängt Apple also erstmals 12 Monate dran. 12 Monate in denen wir auf ein vertrautes 6er-Gehäuse blicken. Während die prognostizierten Verkaufszahlen fürs nächste iPhone leicht über denen des Vorjahresmodells liegen, wird in der Technikpresse darüber bereits The Red Wedding gefeiert. Auch das ist nicht neu: Jedes S-Modell sah sich mit dem Vorwurf konfrontiert ‚nur kleinere Neuerungen‘ mitzubringen.

Dabei wird regelmäßig übersehen, dass der alte Zyklus nicht nur aus Upgrade-Perspektive eines zweijährigen Mobilfunkvertrags clever war, sondern signifikant zur Entwicklung neuer Features beitrug. Ich bin mal durch die Wikipedia gesurft und habe mir die Unterschiede zwischen den jeweils neu gestalteten iPhones und ihren S-Ausführungen angeschaut. Auffällig ist: Das S-Modell übertrumpft technisch in allen Fällen seine neu eingekleideten Vorgänger.

Das iPhone 5s war mit einer 64-Bit-Architektur, Touch ID, dem LED True Tone Blitz, den 120-FPS-Zeitlupenvideos und dem M7-Koprozessor beispielsweise dem iPhone 5 um mehrere Armlängen voraus. Nicht falsch verstehen: Das iPhone 5 war seinerzeit ein grandioses Gerät, aber den Sprung, den das 5s nur ein Jahr später leistete, war ganz objektiv größer.

Auch beim Wechsel vom iPhone 6 (Plus) zum 6s (Plus) war das deutlich. Während beim iPhone 6 die zwei neuen Bildschirmgrößen von 4,7- und 5,5-Zoll im Mittelpunkt standen, waren es nur ein Jahr später mit dem 6s (Plus) die 4K-Videoqualität, die 12-Megapixel-Kamera, die zwei Gigabyte an Arbeitsspeicher, die zweite Touch ID-Generation, der aufgebohrte Body aus 7000er-Aluminum sowie 3D Touch.

Was ich sagen will: Ein neues Design kostet Entwicklungszeit. Ein neues Design ist ein Feature, das wohl bedacht werden will, weil es den Umfang von mehreren anderen Funktionen einnimmt, die sich deshalb auf zukünftige Hardware verschiebt.

Anders ausgedrückt: Die iPhone-Jahrgänge ohne Design-Wechsel waren technisch immer überlegen. Wer das bessere iPhone wollte, und nicht jedes Jahr kaufte, tat besser daran vom iPhone 3GS aufs iPhone 4s, aufs iPhone 5s bis aufs heutige 6s zu wechseln anstelle die vollen Versionnummern mitzunehmen.

Ich bin mir sicher, dieser Zyklus gehörte nicht zu Steve Jobs ursprünglichem Masterplan, sondern begründet sich durch den technischen Fortschritt.

Der Blick aufs Antennendesign ist dafür ein Anhaltspunkt. Vom iPhone „Just don’t hold it that way“ 4 bis zum kaum noch sichtbaren Streifen im iPhone 7, das obendrein auf so viel mehr Bändern funkt, beeinflusst der technische Fortschritt das Gehäusedesign.

Ähnlich sieht es bei den Kameras aus, die zunehmend flacher und gleichzeitig viel besser werden. Hätten Apple, Samsung, HTC, Sony und Co. nicht konstant miniaturisiert, wären wir nicht auf dem heutigen Status quo von kleinen Super-Rechnern mit den knackig-schärfsten Computerbildschirmen, die wir wie selbstverständlich in der Hosentasche mit uns herumtragen.

iPhoneBlog.de_Best_Smartphones

Auffällig ist, dass nach neun Jahren nahezu alle Flaggschiff-Smartphones das iPhone-Referenzdesign angenommen haben – mit fest verbauten Akkus, keiner Hardwaretastatur und ständig schrumpfenden Simkarten. Die Aufstellung der „besten Smartphones in 2016“ sieht von außen betrachtet nahezu identisch aus. Ein iPhone 6s, ein OnePlus 3, ein Nexus 6P oder ein Samsung Galaxy S7 sind allesamt Widescreen-Displays in einem mehr oder weniger dünnen Rahmen, mit einem Homebutton und zwei Kameras.

Das zeigt (mir), das wir mittlerweile von einer erwachsenen Produktkategorie sprechen. Ähnlich wie Laptops, die sich auch nicht jedes zweite Jahr radikal neu erfinden, sondern evolutionär voranschreiten um Gewicht einzusparen und ihre Bauform noch schlanker zu gestalten.

Nicht falsch verstehen: Ich freue mich über jedes neue iPhone-Case. Das SE-Gehäuse ist aus allen bisherigen iPhones mein absoluter Liebling. Bis ein Hersteller jedoch den nächsten großen Design-Schritt abliefert und sich an ein tatsächlich neues Gehäuse wagt (das einen ersichtlichen Mehrwert hat), liegen die Prioritäten auf den inneren Specs (und der Software). Fürs nächste iPhone wird ein True-Tone-Display, eine Doppel-Kamera, ein Smart Connector, kein Klinkenanschluss aber ein neuer Homebutton sowie ein wasserfestes Gehäuse vermutet.

Sollte das alles so zutreffen, könnte Apple seine letztjährige Werbekampagne recyclen: „The only thing that’s changed is everything.