Google und Apple auf offenem Konfrontationskurs?

Vor zirka einem Jahr, am 20.01.2009, erteilte das US-Patentamt ein 358 Seiten starkes Patent mit dem Titel „Touch screen device, method, and graphical user interface for determining commands by applying heuristics“ dem Cupertino-Konzern Apple zu. Darin abgedeckt sind großflächig diverse Benutzereingaben per Finger- und Gesten-Steuerung auf einem Multitouch-Bildschirm. Das Dokument ist eine Erweiterung zu einem Erstantrag (7.479.949) – datiert auf Juli 2006 – und beschreibt die patentierten Technologien, mit denen sich Steve Jobs im Januar 2007 bei der iPhone-Vorstellung auf die Bühne stellte und sagte: „Boy, did we patent it!”

Seitdem ist einiges passiert, und so manches hinter verschlossenen Türen geblieben. Welche Regelungen für Lizenzgebühren, Absprachen oder Vereinbarungen zwischen den Mitbewerbern, die ebenfalls auf einen kapazitiven Multitouch-Bildschirm setzen, getroffen wurden, bleibt weitgehend unbekannt. Zwischen Apple und Palm gewitterte es kurzfristig im letzten Frühjahr, als Apple’s Tim Cook in der Telefonkonferenz zu den Quartalszahlen auf Nachfrage eines Journalisten zu Protokoll gab:

We approach this business as a software platform business. We are watching the landscape. We like competition as long as they don’t rip off our IP [Intellectual property]. And if they do, we will go after anyone who does.

Obwohl Cook nicht explizit die bevorstehende Palm Pre-Veröffentlichung erwähnte, antwortet die Palm-Pressestelle trotzig:

Palm has a long history of innovation that is reflected in our products and robust patent portfolio (31 pages of patents in Google Patent Search), and we have long been recognized for our fundamental patents in the mobile space”. “If faced with legal action, we are confident that we have the tools necessary to defend ourselves.”

Seitdem herrscht Stillschweigen. Zumindest gegenüber der Öffentlichkeit.

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Mit einem großen Bohei wurde jetzt jedoch etwas ganz anderes publik: das Google Nexus One-Systemupdate mit Multitouch-Gesten. Android-Telefone verzichteten bislang innerhalb der USA auf eine Implementierung von ‚Pinch-to-Zoom‘-Gesten, obwohl die Hardware dafür ausgelegt ist. Das ändert sich jetzt.

Der Zeitpunkt für diese ‚Over-the-air‘-Aktualisierung könnte nicht passender gewählt sein, um in der Öffentlichkeit als ‚offene Kriegserklärung‘ verstanden zu werden. Vergangenen Sonntag, einige Tage nach der iPad-Vorstellung, soll sich Steve Jobs in einem Town Hall-Meeting den Fragen der eigenen Belegschaft gestellt haben. Je nachdem welchen anonymen Quellen man Glauben schenken möchte, bezeichnete Jobs das Google-Credo ‚Don’t be evil‘ als ‚Bullshit‘ beziehungsweise ‚a load of crap‘.

Jobs soll betont haben, das Google mit seinem Nexus One als Konkurrent ins Telefongeschäft eingestiegen ist, und damit auf direktem iPhone-Konfrontationskurs steht: „Make no mistake they want to kill the iPhone. We won’t let them“.

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Der kalte Krieg scheint eröffnet: In der letzten Woche stellte Google sein Voice-Telefonprogramm als MobileSafari-Webanwendung vor, nachdem Apple eine native App Store-Anwendung innerhalb der letzten sechs Monate auf die lange Bank des Genehmigungsprozesses geschoben haben soll.

Mit dem jetzt veröffentlichten Multitouch-Update von Google für alle Nexus One-Geräte, und dem im Sommer vielleicht schon folgenden Chrome OS-Tablet, könnten uns „interessante Zeiten“ ins Haus stehen.